Sömmerda/ Thür.

Auszüge aus einer Chronik, die es noch nicht gibt

3.  Sömmerda in der Frühzeit und im Mittelalter



Auf dem Gebiet des heutigen Landes Thüringen lebte zu Beginn des 1. Jahrhunderts der germanische Stamm der Hermunduren. Im Entstehungsprozeß des thüringischen Stammes - im Verlauf des 4. Jahrhunderts - kam den Hermunduren, bei der Verschmelzung mit anderen germanischen Stämmen, die Rolle eines Kernstammes zu. Als Faktor in der germanischen Welt trat das Thüringer Reich seit 451/53 hervor. Es erstreckte sich im Norden bis in die Altmark, im Osten bis an die Elbe. Die westliche Grenze bildete die Werra, die südliche der Thüringer- und Frankenwald. Auf dem Höhepunkt seiner Machtentfaltung befand sich das Thüringer Reich um 500 u. Z. Härtester Gegner des Thüringer Reiches war das Frankenreich. Im Kampf um Macht und neue Lebensräume wurden die Thüringer, in einer Entscheidungsschlacht an der Unstrut (Burgscheidungen), von den Franken geschlagen. Das Reich der Thüringer verlor seine politische Selbständigkeit. Hinsichtlich seiner Siedlungsgebiete blieb der thüringische Stamm auf das Territorium zwischen Unstrut und Thüringerwald, Saale und Werra begrenzt.
Unter fränkischer Herrschaft gewann Thüringen Bedeutung als Grenzmark zur Abwehr der Angriffe der Slawen. Eine Nachricht, die die hiesige Gegend in das damalige Staatengefüge einordnet besagt, daß es sich hier um den "pagus (Gau) Altgowe" mit dem Untergau "Windon" handelt, der von dem Historiker Böttcher als "Thuringowe" bezeichnet wird.
Gräberfunde aus dem Ende des 7. Jahrhunderts (ein Steingrab wurde in den Sömmerdaer Stadtpark verlegt) lassen den Schluß zu, daß Sömmerda zu dieser Zeit bereits bestand. Forschungsergebnisse besagen, daß es sich bei den Reihengräberfunden in der Volkswohlstraße offensichtlich um Gräber von Franken handelt, die an diesem strategisch wichtigen Unstrutübergang in Mittelthüringen als Wache eingesetzt waren.

Die Stärkung der fränkischen Positionen in Thüringen und die Einbindung in das Frankenreich waren eng verbunden mit der Durchsetzung des Christentums. Das erfolgte besonders intensiv durch die Missionstätigkeit des Bonifatius, der seit 725 fast zehn Jahre in Thüringen als Missionsbischof wirkte. 741 wurde von ihm ein Bistum gegründet, das für den Raum Thüringen zuständig war. Nach seinem Tod 754 ging es in dem Bistum Mainz auf. Dieser Vorgang sollte die thüringische Geschichte bis in die Neuzeit stark beeinflussen.

Nach dem heutigen Stand der Forschung dürfte das "Breviarium S. Lulli" die älteste Urkunde sein, in der der Name Semeringe erwähnt ist. Das Breviarium S. Lulli ist ein Güterverzeichnis des Klosters Hersfeld, das 768 vom Erzbischof von Mainz, Lullus, gegründet wurde. Es gliedert sich in drei Hauptabschnitte, von denen die beiden ersten die Schenkungen Karls des Großen sowie privater Personen, vor übergabe des Klosters an Kaiser Karl (775), enthalten. Im dritten Abschnitt sind spätere private Schenkungen dargestellt. In diesem Abschnitt ist aufgeführt: "Auch dasjenige, was noch folgt, wird später von freien Menschen an dasselbe Kloster übergeben."
In Thüringen: Es folgen 30 Orte in Thüringen und 3 Orte außerhalb.
An 14. Stelle steht: Semeringe Hufen III, Gehöfte II.

Für das Jahr 860 wird in einer nicht mehr vorhandenen Urkunde aufgeführt: Kloster Fulda erhält u. a. von 4 Familien 150 J(och) zu Sumerde.

Die erste belegte urkundliche Erwähnung Sömmerdas erfolgt im Jahre 876. Als im Jahre 876 ein Streit zwischen dem Erzbischof Luitbert von Mainz und dem Abt Sigihard von Fulda entstand, wer in Thüringen den Zehnten bekommen sollte, rief König Ludwig der Deutsche eine Versammlung in die Pfalz nach Ingelheim ein, um den Streit zu schlichten. über die Zusammenkunft, an der u. a. 5 Bischöfe, 15 geistliche Würdenträger, 6 hohe Staatsbeamte und 18 Rechtsgelehrte, die alle namentlich aufgeführt sind, teilnahmen, wurde ein Protokoll verfaßt, das Zehntenverzeichnis. In ihm stehen, nach Erörterung der Rechtslage 99 Orte in Thüringen, die in Zukunft dem Abt von Fulda zehntpflichtig sind. Unter ihnen Sumeridi item Sumeridi.

Um das Jahr 1000 verlagerte sich der Schwerpunkt des Reiches aus dem südöstlichen Sachsen und dem nordöstlichen Thüringen ins Fränkische. Dieser Prozeß der Verlagerung der Machtschwerpunkte im Reich war verbunden mit der zunehmenden Verselbständigung der Grafen im sächsisch-thüringischen Raum. Keine andere Landschaft in Deutschland umschloß in der Vergangenheit so viele Kleinstaaten wie das Thüringer Gebiet. Mit dem Schwinden der königlichen Macht in Thüringen begann der Aufstieg einheimischer Dynastengeschlechter. Daneben kam den Klöstern eine besondere Bedeutung zu.

Daß Sömmerda in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts ein relativ großes, wirtschaftlich und rechtlich starkes Gemeinwesen darstellte, zeigen die folgenden Fakten:
1369 erkaufte sich die Gemeinde mit 300 Mark Silber für fünf Jahre die Freiheit, keine Geldbede an den Grafen von Schwarzburg entrichten zu müssen. Im Vergleich dazu betrug die Geschoß- bzw. die Bedesumme, die die Sömmerdaer 1411/20 als Steuer zu zahlen hatten, 80 Mark Silber. Sömmerda verfügte zu dieser Zeit über das Braurecht und hatte für zwei Braupfannen Abgaben zu entrichten. Des weiteren befanden sich am Ort noch zwei Backöfen sowie eine 1388 erstmals erwähnte Getreidemühle.

Für die Errichtung der Ortsbefestigung liegen seit dem Jahre 1368 Belege vor.
Der Bau des Wenigensömmerschen Tores, das mit seinem 1737 abgebrannten Torhaus und -turm das Haupttor des Ortes war, wird für das Jahr 1389 angesetzt. Das heute noch erhaltene Erfurter Tor ist im Jahre 1395 errichtet worden. Die Mauer war im Mittelalter das Symbol einer Stadtgemeinde und von konstitutiver Bedeutung für die Entwicklung einer Siedlung zur Stadt.

Der Stadt Erfurt gelang im Laufe des 14. Jahrhunderts der Aufbau eines beachtlichen Eigenterritoriums, ein Prozeß, der bereits am Ende des 13. Jahrhunderts begonnen hatte.
Die finanziellen Schwierigkeiten der meisten Adelsgeschlechter erleichterten der Stadt den Erwerb von Burgen und den dazugehörigen Dörfern.
1418 verkaufte Graf Heinrich von Schwarzburg Sömmerda und Schalkenberg an den Rat der Stadt Erfurt. Die vom Rat erworbenen 5 Burgen mit den dazugehörigen Ortschaften und Sömmerda bildeten die Mittelpunkte von Verwaltungsbezirken (Vogteien und ämter).

Mit den enger werdenden Beziehungen zu Erfurt dürfte auch die Tatsache verbunden sein, daß in Sömmerda, Orlishausen, Sprötau, Vogelsberg, Weißensee und Kindelbrück die landwirtschaftliche Spezialkultur des Färberwaid in starkem Maße angebaut wurde. Waid lieferte nach langwieriger und komplizierter Verarbeitung den indigoähnlich blauen Farbstoff zum Färben von Tuchen. Ein Zentrum der Waidverarbeitung und des Waidhandels für ganz Deutschland war Erfurt.


Das Stadtwappen von Sömmerda

Sömmerda hatte schon im 14. Jahrhundert ein Wappen geführt. Falckenstein und Dominikus gaben in ihren Geschichten von Erfurt, die im schwarzburgischen Wappen enthaltene Streugabel als Stadtwappen von Sömmerda an. Auch die Sömmerdaer Ratsakten berichten, daß die Gabel das erste Wappen gewesen sei. Dafür spricht auch die Tatsache, daß sich dieses Wappen bis zum Jahre 1834 am Rathaus befunden hat. Beim Niederlegen der Cavate ist es, durch die Unkenntnis der Bauaufseher, verloren gegangen. In den Ratsakten wird auch erwähnt, daß das Stadtwappen in einem ausgebreiteten, ungekrönten, rechts blickenden schwarzen Adler in silbernem Felde bestand und daß dieses Wappen vom Grafen von Schwarzburg verliehen worden sei. 1418 kam zu diesem Adler noch das Erfurter Rad.
Ein Abdruck des Sömmerdaer Siegels ist an einer Urkunde von 1369 im Staatsarchiv zu Sondershausen enthalten und auch in den Mitteilungen des Erfurter Geschichtsvereines abgebildet. Es zeigt im runden Felde von 27 Millimeter Durchmesser den nach rechts gerichteten Oberteil des schwarzburgischen Löwen und die Majuskelumschrift:
S Villa Somirda Majoris


Auch ein späteres Siegel aus der Zeit, als der Ort bereits zu Erfurt gehörte, ist noch vorhanden mit der Umschrift:
Sigillum des Fleckis Grossin Summerde.


Es zeigt über dem Erfurter Rad einen nach rechts blickenden Adler mit ausgebreiteten Flügeln.
Das gegenwärtig am Rathaus befindliche Stadtwappen ist 1802 angefertigt und bezieht sich auf mehrere Besitzungen. Es enthält sechs Wappenschilde.
Wappenschilde
Im Mittelschild ein silbernes, sechsspeichiges Rad im roten Felde, das Wappen von Erfurt.
Links: im weißen Felde vier schwarze senkrechte Balken, auf dem Helme ein Pfauenschweif, worin sich auch ein aufgerichteter schwarzer Balken befindet, das Wappen von Kapellendorf, das 1348 an Erfurt kam.
Rechts: ein gekrönter Adler im weißen Felde mit vier quer durchlaufenden roten Balken, das Wappen von Vieselbach, das 1286 an Erfurt kam. Links unten: drei rote und drei weiße Schachfelder, auf dem Helme zwei Hörner, halb rot und halb weiß, jedesmal entgegengesetzt, das Wappen von Vippach, das 1387 an Erfurt kam. Unten in der Mitte: ein schwarzer Adler im silbernen Felde, das Wappen von Sömmerda, verbunden mit dem Wappen von Erfurt, dem silbernen sechsspeichigen Rad im roten Felde.
Rechts unten: im weißen oder silbernen Felde ein schwarzes sechsspeichiges Rad, das Wappen der Grafschaft Vargula, die 1385 an Erfurt kam.

1420 hatte Sömmerda ungefähr 800 - 1000 Einwohner. Der Rat der Stadt Erfurt gewährte Sömmerda städtische Rechte. Erstmals ist diese neue Rechtsstellung aus einem Zinsbuch von 1420 zu entnehmen, wo der Ort als "opidum Sömmerde" (lat. Stadt) aufgeführt wird.

Der Bau des Rathauses begann 1529, vollendet wurde er im Jahre 1539. Die Baukosten beliefen sich auf 1597 Gulden, 12 Groschen und 10 Pfennige. In seiner ursprünglichen Form besaß das Rathaus, an seiner Breitseite die sogenannte Cavate, einen überdachten Doppeltreppenaufgang mit einer überdachten Plattform. Die Cavate ist 1834 abgerissen worden, da man die Reparaturkosten scheute.

Rathaus Vorderansicht des Sömmerdaer Rathauses ca. 1991
Rechts oberhalb des Haupteinganges befinden sich die Wappenschilde (hier teilweise verdeckt).

Am Ausgang des 15. Jahrhunderts herrschte in Sömmerda ein bestimmter Wohlstand.
Das änderte sich grundlegend in der Zeit des 30-jährigen Krieges. Auch wenn Sömmerda abseits der großen Heerstraßen lag, wurde es bald mit dem Krieg konfrontiert. Die Ratschronik für diese Zeit weist aus, wie die Stadt vom Krieg zerstört wurde. Die Bedrückungen und Erpressungen begannen, Durchmärsche, Einquartierungen befreundeter Heere mit all ihren Schrecken.

Noch ärger hausten die durchziehenden Feinde. Jede Art von unsicherer Schonung mußte erkauft werden. All das hemmte das Wirtschaftsleben, das gesamte gesellschaftliche Leben. Hierzu besagen die Ratsakten: die gemeine Bürgerschaft ist mit Vor-, Anspannen und Wegfahren an der Feldarbeit sehr gehindert. Nicht nur die Kriegshandlungen von Feind und Freund, schon allein die Furcht vor ihnen legte sich wie ein schwerer Druck auf das Wirtschaftsleben der Stadt. Weit verheerender noch wirkten sich die durch den Krieg, Not und Hunger, hervorgerufenen Seuchen auf die Bevölkerung aus.

Die Gewerbe lagen gänzlich darnieder, die Landwirtschaft wurde nur noch sporadisch betrieben, viele Äcker blieben unbebaut aus Mangel an Saatgut, Zugtieren und menschlichen Arbeitskräften. Nach 1635 waren ziemlich die Hälfte der Einwohner an der Pest gestorben.

Nur langsam erholte sich die Stadt von den Kriegsfolgen.

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