Sömmerda/ Thür.

Auszüge aus einer Chronik, die es noch nicht gibt

9.  Sömmerda in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg und in der Periode der Deutschen Demokratischen Republik

Viele Menschen hatten das Ende des Krieges mit Schrecken kommen sehen, waren verzweifelt, oder lebten nur für den nächsten Tag. Ein Teil der Bevölkerung war demoralisiert. Über die Straßen zogen endlose Kolonnen - Ausgebombte, Evakuierte und Zwangsverschleppte - sowie Umsiedler, die durch die verbrecherische Politik des Hitlerfaschismus ihre Heimat verloren hatten.

Die amerikanische Besatzungsmacht verfügte als erstes ein Versammlungs- und Ausgehverbot. Je eine Stunde waren am Vor- und Nachmittag die Geschäfte geöffnet.
Ein Teil der nach Sömmerda verschleppten Zwangsarbeiter wollte für die jahrelange Erniedrigung, unzureichende Ernährung, schlechte Kleidung und erbärmlichen Wohnverhältnisse, persönlich Rache nehmen, schloß sich zu Gruppen zusammen und plünderte zunächst Geschäfte, später dann auch Wohnungen von deutschen Bürgern. Da sich hieran auch ehemalige kriminelle Elemente aus dem Lager Buchenwald, die den grünen Winkel gegen einen roten Winkel der politischen Häftlinge vertauscht hatten, beteiligten, bestand die reale Gefahr, daß sich in Sömmerda und Umgebung chaotische Zustände entwickeln würden. Die amerikanische Besatzungsmacht duldete diese Aktionen stillschweigend.
Um weitere Plünderungen, die besonders negative Auswirkungen auf die Ernährung der Bevölkerung gehabt hätten, zu verhindern, nahmen Antifaschisten, an ihrer Spitze Otto Bach, Verbindung mit Vertrauensleuten aus dem sowjetischen Zwangsarbeiterlager auf und vereinbarten mit ihnen eine Versammlung mit den ausländischen und Sowjetbürgern. Im Ergebnis der Versammlung wurde beschlossen, ein Komitee der Freundschaft zu bilden, Plünderungen unmöglich zu machen und für die Stadt Ruhe und Ordnung zu gewährleisten. Plünderungen kamen in der Folgezeit fast nicht mehr vor.

Am 11. Mai 1945 bestätigte der amerikanische Kommandant den Bürger Viktor Bode als Bürgermeister. Als Stellvertreter von V. Bode wurde der Häftling aus dem Konzentrationslager Buchenwald Reinhold Kröter bestimmt.

Wie wichtig es war, daß verantwortungsbewußte Sömmerdaer Bürger die Initiative beim Aufbau einer neuen Ordnung in der Stadt ergriffen, macht das Beispiel des "Polizeichefs" Leimers deutlich. Leimers war in Sömmerda aufgetaucht, hatte sich als Häftling des Konzentrationslagers Buchenwald ausgewiesen und mit Duldung der amerikanischen Besatzungsmacht als Chef der Polizei in Sömmerda eingesetzt. Leimers, der in Wirklichkeit ein Krimineller war, scharte eine Bande von asozialen Elementen um sich, beschlagnahmte Möbel, richtete sich und seinen Kumpanen Wohnungen ein und lebte in Saus und Braus.
Nachdem er noch eine luxuriöse Hochzeit gefeiert hatte, kam die Militärpolizei seiner wahren Identität auf die Spur. Nach einer Schießerei setzte sich Leimers in seine Heimat Österreich ab.

Das Werk "Rheinmetall-Borsig AG" konnte, aufgrund der von den Amerikanern verfügten Ausgangssperre, noch nicht wieder produzieren. Das Werk durften nur Personen betreten, die einen Ausweis der Besatzungsmacht vorweisen konnten. Die im Werk tätigen deutschen und amerikanischen Spezialisten hatten die Aufgabe, für die amerikanische Besatzungsmacht alle technischen Unterlagen der Rüstungsproduktion zu sichten und für den Abtransport bereitzustellen.
Die Amerikaner waren nicht daran interessiert, daß die Produktion von Büromaschinen im Werk Sömmerda wieder anlief, sie stimmten nur der Durchführung von Reparaturen an Büromaschinen zu. August Kottmann arbeitete hierzu Richtlinien aus.
Als bekannt wurde, daß entsprechend dem Abkommen von Jalta die Sowjetunion Besatzungsmacht von Thüringen wird, setzten sich, bis auf August Kottmann, die Direktoren von "Rheinmetall" Sömmerda in die amerikanische bzw. englische Besatzungszone ab. Nach der Flucht der leitenden Direktoren wurde auf Beschluß der Konzernleitung August Kottmann als Werkdirektor eingesetzt.
Im Juli 1945 besetzte die Sowjetarmee Thüringen. Im gleichen Monat ließ Kottmann das Werk Sömmerda der "Rheinmetall-Borsig AG", im Auftrag des Vorstandes des Konzerns, wieder anlaufen.

Mit 815 Arbeitskräften begann die Produktion. Ab August 1945 erhielt das Werk von der sowjetischen Militärkommandantur fest umrissene Aufträge.

Das Gebäude des ehemaligen Konsum in der Bahnhofstraße war nach 1945 Sitz der sowjetischen Kommandantur und wurde danach Sitz der Polizei - Volkspolizeikreisamt - und ist heute Sitz der Polizeiinspektion Sömmerda.

Anfang September 1945 wurde August Kottmann, gemäß Festlegung der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD), seiner Stellung als Direktor enthoben, verblieb jedoch im Betrieb als 1. Konstrukteur der Betriebsabteilung Büromaschinen. Als Direktor wurde Herr Paul Kroscewski eingesetzt, der, wie sich innerhalb kurzer Zeit zeigte, weder die politischen noch die moralischen Voraussetzungen besaß, um das Werk zu leiten.

Durch die Befehle Nr. 124 und 126 der SMAD vom Oktober 1945 wurde das gesamte Eigentum des faschistischen Staates sowie von Kriegs- und Naziverbrechern vorläufig beschlagnahmt und in Treuhandschaft der SMAD oder von ihr beauftragter Organe genommen. Bei den Stadt-, Kreis- und Landesverwaltungen wurden Sequesterkommissionen gebildet, deren Aufgabe darin bestand, die entsprechenden Unterlagen zu prüfen, um die zu enteignenden Betriebe festzulegen.

"Rheinmetall-Borsig AG" und "Selkado AG" standen bei der Sequestierung auf der Liste "C", die die Betriebe enthielt, über die die SMAD entscheiden mußte, weil sie als Rüstungsbetriebe den Reparationsbestimmungen des Potsdamer Abkommens unterlagen.

Als hauptsächliche Form der Reparationen war festgelegt, Industrieausrüstungen, die direkt und indirekt der Rüstungs- und Kriegspolitik dienten, zu demontieren.
In Bezug auf die "Selkado AG" erfolgte eine vollständige Demontage der Fabrikationseinrichtungen und danach die Zerstörung der Werksanlagen. Stehen blieben das Verwaltungsgebäude (später Gymnasium) und die Wohnhäuser an der Weißenseer Straße.
Im Hinblick auf die "Rheinmetall-Borsig AG" hatte die SMAD beschlossen, daß 70 Prozent demontiert werden. Informationen hierüber führten zu Resignation und Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes unter der Sömmerdaer Bevölkerung.

Ende des Jahres 1945 nahm die Ziegelei "Martini" wieder die Produktion auf. Zunächst nur in dem westlich der Erfurter Straße gelegenen Werk I. 1949 zerstörte ein Großfeuer in der Ziegelei große Teile des "Hermann-Werkes", das in der Folgezeit wieder aufgebaut wurde. 1950 produzierte das Werk II wieder.

Nachdem die Schule in Sömmerda Ende März 1945 geschlossen wurde, erfolgte die Schuleröffnung im Oktober 1945. 28 Lehrer mußten 1877 Schüler unterrichten, dazu standen ihnen 24 Klassenräume zur Verfügung. Am schlimmsten wirkte sich der Mangel an Heizmaterial aus. Die Raumnot zwang zu Vor- und Nachmittagsunterricht.

Durch das Kontrollratsgesetz Nr. 2 vom 10. Oktober 1945 wurden alle faschistischen Organisationen und Einrichtungen verboten, darunter fiel auch der "NS-Reichsbund für Leibesübungen". Alle vor der Kapitulation bestehenden sportlichen Organisationen mußten bis zum 1. Januar 1946 aufgelöst werden. Die Direktive Nr. 23 des Kontrollratsgesetzes zeigte den Weg zur neuen Entwicklung des Sports.
Zu Beginn der Entwicklung lag der Sport im Aufgabenbereich der Kommunen. Erste Initiativen wurden auf dem Gebiet Fußball von den Sportfreunden Stengler, Fröbel, Staudinger, M. Wollnick u. a. entwickelt. Es wurden Freundschaftsspiele mit Mannschaften der umliegenden Gemeinden durchgeführt und der Trainingsbetrieb organisiert. In der Folgezeit entwickelten sich auch andere Sportarten wieder und traten mit Veranstaltungen an die Öffentlichkeit: Handball, Tischtennis, Boxen, Schach.
Am 20. Oktober 1948 rief die Sportgemeinschaft Sömmerda, auf der Lokalseite im "Thüringer Volk", die Sportler zur Gründungsversammlung der "1. Sportgemeinschaft Sömmerda" in das Klubhaus in der Pestalozzistraße auf. Bestrebungen zur Gründung einer Betriebssportgemeinschaft (BSG) scheiterten zu diesem Zeitpunkt, da die Mehrzahl der Anwesenden der Meinung war, daß sich diese Form der Sportorganisation hemmend auf den ländlichen Kreis auswirken würde. Gegründet wurde die "1. Sportgemeinschaft Sömmerda". Am 28. Oktober 1948 wurde dann, in der Kantine von "Rheinmetall-Borsig", die Betriebssportgemeinschaft "Mechanik" gegründet, eine der ersten BSG in der sowjetischen Besetzungszone.
In der Folgezeit mehrten sich die Kontakte progressiver Vertreter der "1. Sportgemeinschaft" zur BSG und im Ergebnis trafen sich Vertreter beider Gemeinschaften am 25. September 1949 zu einer außerordentlichen Generalversammlung und vollzogen ihren Zusammenschluß.

"Rheinmetall" gehörte zu den 213 Betrieben, die laut Befehl Nr. 167 der SMAD in ihre Verfügung übergegangen waren. Diese Betriebe wurden bis zum Herbst 1946 als Sowjetische Aktiengesellschaften (SAG) in das Eigentum des Sowjetstaates überführt. Die SAG-Betriebe leisteten den Hauptanteil an Reparationen aus der laufenden Produktion. "Rheinmetall" wurde der Vereinigung "Totschmasch" zugeordnet.

Anfang September 1946 fanden in der sowjetischen Besatzungszone die ersten Wahlen zu den Gemeindevertretungen statt. Grundlage hierfür war das "Gesetz über beratende Körperschaften bei der Selbstverwaltung" vom 21. Juni 1946. Zu diesen Wahlen traten die Parteien mit getrennten Listen auf. In Sömmerda erhielten: SED = 3303 Stimmen, 13 Abgeordnete, CDU = 2536 Stimmen, 9 Abgeordnete, LDP = 2115 Stimmen, 8 Abgeordnete im Stadtparlament.

Am 20. Juni 1948 wurde in den westlichen Besatzungszonen eine separate Währungsreform durchgeführt. Die Sowjetische Besatzungszone reagierte darauf am 21. Juni 1948 mit einer Währungsreform. Pro Bürger wurden ein Mindestbetrag von 70 RM im Verhältnis 1 : 1 umgetauscht. Sparguthaben wurden als "Uraltguthaben" gekennzeichnet. Alle Konten mit einem Stand von mehr als 5000 RM wurden nach der Herkunft des Geldes überprüft.

Am 15. 7. 1949 wurde in Sömmerda der erste "Freie Laden" in der Langen Straße eröffnet. Diese Läden wurden später in der staatlichen Handelsorganisation (HO) zusammengefaßt. In diesen Läden wurden Lebensmittel und Industriewaren angeboten, deren Preise über denen der auf Lebensmittelkarten und Bezugscheinen verfügbaren Waren, aber zugleich weit unter den Schwarzmarktpreisen lagen.

Im September 1949 wurde mit dem Zusammentritt des Bundesrates in Bonn die Bundesrepublik Deutschland (BRD) gegründet.
Im Oktober 1949 beschlossen die Mitglieder des Volksrates die Gründung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR).
Auf dem Territorium Deutschlands bestanden zwei Staaten.

Am 22. Mai 1950 beschloß das Thüringer Ministerium des Inneren mit Wirkung vom 1. Juli 1950 die "1. Verordnung zur Ausführung des Gesetzes zur Änderung der Kreis- und Gemeindegrenzen im Lande Thüringen vom 26. April 1950". Der Landkreis Weißensee wurde aufgelöst.
Sömmerda mit 16 weiteren Gemeinden wurde Bestandteil des neugebildeten Landkreises Erfurt.

Im April 1952 befand sich die "Rheinmetall-Borsig SAG für Präzisionmaschinenbau Sömmerda" unter den 66 SAG-Betrieben, die die Sowjetunion an die Regierung der DDR zurückgab. Der sowjetische Generaldirektor Tschuchrow übergab den Betrieb dem Betriebsdirektor Liebig. Mit dem Genossen Tschuchrow verabschiedete sich vom Werkskollektiv ein Sowjetbürger, von dem die Menschen, die mit ihm zusammengearbeitet hatten, noch Jahre danach mit großer Hochachtung sprachen.

Im Jahre 1952 wurde die territorial-administrative Gliederung der DDR verändert. Es wurden 14 Bezirke gebildet und die Zahl der Kreise erhöht. Im Bezirk Erfurt wurde der Kreis Sömmerda gebildet, er setzte sich aus Territorien und Gemeinden der Kreise Weißensee und Kölleda zusammen; Sömmerda wurde Kreisstadt.

Im Sommer 1952 entstanden die ersten Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG).
In Sömmerda wurde am 23. Juli 1952 von 5 Neubauernfamilien mit 75 Hektar Nutzfläche eine LPG Typ I "Ernst Thälmann" gegründet.
1953 übernahm die LPG das Stadtgut und die Schweinemästerei mit 300 Schweinen und wandelte sich in den Typ III um. 1955 schlossen sich 8 Betriebe aus Wenigensömmern mit 80 Hektar der LPG in Sömmerda an. 1955 erfolgte der Beitritt weiterer Einzelbauern aus Sömmerda, Wenigensömmern und Rohrborn. Die Nutzfläche erhöhte sich dadurch auf 1050 Hektar. Im April 1960 traten die noch bestehenden Einzelbauern der LPG "Ernst Thälmann" bei, so daß in ihr vereint waren 58 Einzelbetriebe aus Sömmerda, 40 aus Wenigensömmern und 20 aus Rohrborn.
Die Nutzfläche betrug zu diesem Zeitpunkt 2430 Hektar, die Zahl der LPG-Mitglieder 530.

Im größten Betrieb der Stadt, dem "VEB Mechanik" (so firmierte "Rheinmetall" zeitweilig), trat zu Anfang des Jahres 1953 eine komplizierte Situation ein, der Absatz stagnierte. Hauptursache hierfür war, daß mit der Sowjetunion, einem der Hauptabnehmer der Büromaschinenproduktion, zu diesem Zeitpunkt noch kein Regierungsabkommen über die Lieferung von Büromaschinen durch die DDR abgeschlossen war.
Das Ergebnis war, daß in großem Umfang Kündigungen ausgesprochen wurden. Dazu kam, daß die Arbeitsnormen administrativ um 10 Prozent erhöht wurden und Einsparungen bei der Sozialversicherung und -fürsorge, bei Renten u. a. eintreten sollten.
Anfang Juni 1953 wurde von der Regierung der DDR die falsche Entscheidung zurückgenommen. Am 16. Juni 1953 war im "VEB Mechanik" noch einmal 250 Mitarbeitern gekündigt worden.

Am 17. Juni 1953 protestierten die Belegschaften der Sömmerdaer Betriebe auf dem Marktplatz. Es war Ausdruck dafür, daß die SED und die Regierung der DDR nicht mehr das Vertrauen eines großen Teiles der Arbeiterklasse besaßen.

Gerade dieser Zusammenprall zwischen der SED und der Klasse, auf deren Interessen sie sich berief, war das Charakteristikum dieser Situation.

Nachdem der "VEB Mechanik" den Auftrag erhalten hatte, das Angebot an Konsumgütern zu erweitern, wurden: Reißzeuge, die Fotobox "Perfekta", Drahtauslöser, Bildwerfer "Epilux", Vergrößerungsgerät "Manufok", "Weltax"- und "Exa"-Kameras hergestellt. Von 1953-1957 wurden 1.026.000 Fotobox "Perfekta" und 60.650 Kameras "Weltax" und "Exa" gefertigt. Die "Perfekta" wurde in großen Stückzahlen an das "Fotohaus Porst" in Nürnberg geliefert.
EXA

Mitte der 50er Jahre setzte weltweit eine qualitativ neue Entwicklung der Produktivkräfte ein - die wissenschaftlich-technische Revolution. Sie hatte in der Folgezeit gravierende Auswirkungen auf viele Lebensbereiche.

Im Jahre 1958 wurde der erste Spatenstich im Neubaugebiet Frohndorfer Straße vollzogen. Hier entstand ein neuer Stadtteil von Sömmerda, die "Neue Zeit", die Heimat von tausenden Menschen wurde.

Am 28. Mai 1958 wurde das System der Lebensmittelkarten aufgehoben und ein einheitliches Preisniveau für alle Lebensmittel festgelegt.

Im Oktober 1959 konnte der Erweiterungsbau am Krankenhaus (Innere Station) seiner Bestimmung übergeben werden.

Im Zeitraum 1960 - 1970 vollzog sich im "VEB Büromaschinenwerk Sömmerda", in tragenden Erzeugnislinien, die Ablösung der Elektromechanik durch die Elektronik. Dieser Prozeß war kompliziert und wurde oft behindert durch den technischen Rückstand der Zulieferindustrie der DDR für elektronische Bauelemente (Schalttransistoren, Leiterplattenmaterial u. a.). Aufgebaut wurde die Fertigung von Fakturiermaschinen mit elektronischem Rechenwerk und elektronischen Tischrechnern. Zugleich wurden notwendige Investitionen durchgeführt, die bisher aufgrund der von staatlichen Stellen anders gesetzten Prioritäten zurückgestellt werden mußten. Gebaut wurden: das Mehrfunktionsgebäude "Soemtron-Haus", das Industriekraftwerk (IKW), das F/E-Gebäude, der Flachbau und die 5 MVA-Trafostation.
BWS in den 80er Jahrenbws2.jpg

Durch das IKW erfolgte, außer der Energie- und Wärmeversorgung des Büromaschinenwerkes, auch die Fernwärmeversorgung für die Neubauten der Stadt Sömmerda.
Für den Flachbau wurden die beiden Sportplätze in der Wielandstraße als Baugrund benötigt, dafür wurde das Sportzentrum an der Bahnstrecke Sömmerda-Kölleda gebaut, das im Jahre 1968 eingeweiht werden konnte.
Die Betriebssportgemeinschaft im Büromaschinenwerk hatte zu diesem Zeitpunkt über 2000 Mitglieder und gliederte sich in 19 Sektionen.
Aus ihren Reihen kamen Weltmeister und Olympiasieger.

1962 wurde das Rückhaltebecken in Straußfurt errichtet, das mit 900 Hektar Staufläche 19,2 Millionen Kubikmeter Wasser speichern kann. Das Wehr am Riedtor, die Flutgräben und das Rückhaltebecken stellen ein System dar, das es ermöglicht, die Unstrut zu beherrschen und die Hochwassergefahr zu bannen.
Von 1888 bis 1950 wütete die Unstrut mit ihren Nebenarmen 303 mal, 48 mal "bescherte" sie der Landbevölkerung das gefürchtete Sommerhochwasser und zerstörte jedes Mal einen Teil der Ernte, wenn nicht gar die ganze Arbeit eines Jahres. 10.000 Hektar unterhalb der Anlage blieben durch den Bau des Rückhaltebeckens geschützt. Was nicht in Zahlen ausgedrückt werden kann, das ist die Vertreibung der Angst und Sorge bei den Menschen in diesem Gebiet.
hwdm1947.jpg Hochwasser 1947 im Bereich der Dreyse-Mühle

Zwischen Stadtbad/Stadtpark und Unstrut entstand eine Wildwasserstrecke für die Kanuten. Mit dem bereits 1953 gebauten Bootshaus der Kanuten, auf dem Gänseanger an der Riedtorbrücke, entstand eine Sportanlage, die die Voraussetzungen schafft, daß der Kanuklub seine erfolgreiche Arbeit auf dem Gebiet des Leistungssportes erfolgreich fortführen kann.

1969 wurde der "VEB Büromaschinenwerk Sömmerda" Teil von dem gebildeten Kombinat "Zentronik", in dem alle DDR-Hersteller von Büromaschinen und Geräten der mittleren Datentechnik zusammengefaßt wurden. Das Büromaschinenwerk fungierte in dem Kombinat als Stammbetrieb.

Im gleichen Jahr wurde die "Sömmerdaer Interessengemeinschaft", der 29 Betriebe, Genossenschaften, Einrichtungen und Institutionen angehörten, als Konsortium gegründet. Durch das Konsortium wurden finanzielle Mittel und materielle Leistungen bereitgestellt mit dem Ziel, dadurch die Lebensverhältnisse in der Stadt weiter zu verbessern Zu den wichtigsten realisierten Vorhaben gehörten:
Großwäscherei an der Leubinger Straße, Volksschwimmhalle in der Weißenseer Straße, Neugestaltung Marktplatz/Marktstraße, Mitwirkung am Bau der HOG "Stadt Sömmerda", Rekonstruktion Jugendklubhaus, Rekonstruktion Bahnhofshalle und Neugestaltung Bahnhofsvorplatz.

In dem Zeitraum 1970 - 1980 dominierte im Produktionsprofil des Büromaschinenwerkes die Baureihe elektronische Abrechnungsautomaten, daneben bestanden die Erzeugnislinien Elektronischer Tischrechner, Schreibtechnik und periphere Geräte für die elektronische Datenverarbeitungsanlage (EDVA) "Robotron 300".

Ab 1975 liefen die Erzeugnislinien Buchungs- und Fakturierautomat 1720 mit einer mit integrierten Schaltkreisen bestückten Zentraleinheit, einem Nadeldrucker, vielfältigen Formen der Formulartechnik und moderner Peripherie und der Kleinfakturierautomat 1711, ein auf Mikroprozessorbasis beruhendes Auftischgerät, an.
Ende der 70er Jahre wurde die Aluminium-Druckgußfertigung mit Sozialgebäude und der Formenbau fertiggestellt.

In der Kreisstadt entstand 1973 ein moderner Busbahnhof mit 40 Halteplätzen, der 1988 zu einer modernen Busstation ausgebaut wurde.

1976 feierte die Stadt Sömmerda ihr 1100-jähriges Bestehen (Geleitschein). Mit einem Festakt und einen Festumzug, in dem wichtige Etappen der Stadtentwicklung dargestellt wurden, gedachte die Bevölkerung der Stadt dieses Ereignisses.

Zu Beginn des Jahres 1978 wurden die Kombinate "Robotron" und "Zentronik" zum "VEB Kombinat Robotron" zusammengeschlossen.
Der größte Betrieb im Kombinat war der "VEB Büromaschinenwerk Sömmerda".

Um den steigenden Wohnraumbedarf quantitativ und qualitativ in Sömmerda gerecht zu werden, entstanden die Wohngebiete "Salzmannsiedlung", "Offenhain" und Neubauten im Stadtzentrum. Der Stadtteil "Neue Zeit" wurde mit altersgerechtem Wohnraum, durch den Bau von drei Altenwohnheimen, komplettiert. Gebaut wurde 1981 die "Karl-Marx-Oberschule" (heute Staatl. Gymnasium "Albert Schweitzer") mit 24 Unterrichtsräumen und erweitert wurde die "Dr. Th.-Neubauer-Oberschule" 1985 um 8 Unterrichtsräume.
Entstanden waren Kinderkombinationen (Kinderkrippe/Kindergarten) "Flax und Krümel", "Frösi", "Glückliche Zukunft", "Frohsinn", "Mischka", die Kindergärten "DSF", "Gartenberg", "Ziegelei", die Kinderkrippen "Lilli Wächter" und "Pitti" und eine Kinderwocheneinrichtung.

Zu Beginn der 80er Jahre begann eine neue Etappe der wissenschaftlich-technischen Revolution, ein Merkmal davon war die Herausbildung der Informationstechnik, entstanden aus dem Zusammenwachsen der Daten- mit der Nachrichtentechnik. Sie wird die Verhaltensweisen der Menschen am Arbeitsplatz, im Unterricht, im Freizeitbereich u. a. mit weitgehenden sozialen und ethischen Auswirkungen, verändern.

Das Büromaschinenwerk trug diesen neuen Anforderungen Rechnung, indem die Erzeugnislinie Computertechnik (Personalcomputer) und eine neue Erzeugnislinie Drucktechnik (Schwerpunkt Nadeldrucker) entwickelt wurden. Beide Erzeugnislinien deckten über 70 Prozent des Produktionsvolumens ab. Das Büromaschinenwerk wurde zum Hauptproduzenten der Personalcomputertechnik in der DDR und für die Länder im sozialistischen Wirtschaftsgebiet.


Unmittelbar vor der Wende arbeiteten im "VEB Robotron Büromaschinenwerk Sömmerda" 13521 Arbeiter und Angestellte. Sömmerda hatte zu diesem Zeitpunkt 20 000 Einwohner.

Von den im Büromaschinenwerk Beschäftigten kamen Pendler aus 176 Wohnorten (9 Kreisen und 2 Bezirken) mit Bus oder Bahn nach Sömmerda. Die hauptsächlichen Einzugsgebiete waren die Städte Kölleda, Weißensee, Buttstädt und Kindelbrück.


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